Biografie zu Achille Castiglioni
Achille Castiglioni ist ein italienischer Architekt und Designer, der in seiner Heimatstadt Mailand bis zu seinem Tode lebte und arbeitet. Bis heute wird Achille Gastiglioni vor allem mit einem Hocker in Verbindung gebracht, der an einen Traktorsitz erinnert. Genau dieser Mezzadro Hocker entsteht in den 1950er Jahren eher zufällig. Castiglioni ist im Bereich der Architektur tätig, kuratiert Ausstellungen und macht sich vor allem im Einrichtungsdesign einen Namen. Seine Entwürfe von Möbeln, Leuchten und Wohnaccessoires sind Design Klassiker und werden bis heute von Herstellern wie DePadova, Dino Gavina, Zanotti, Alessi, Stilnovo und Flos produziert und sind bei TAGWERC als lizensierte Originale erhältlich.
Castiglioni Architetti
Am 16. Februar 1918 erklärt Litauen seine Unabhängigkeit. Die Republik Litauen ist geboren. Etwa zweitausend Kilometer südwestlich erblickt Achille Castiglioni in Mailand das Licht der Welt. Achille ist der dritte Sohn des Bildhauers, Malers und Architekten Giannino Castiglioni sowie dessen Frau Livia Bolla. Sein Architekturstudium an der Polytechnischen Universität in Mailand schließt Achille Castiglioni im Jahr 1944 ab und strebt eine Karriere als selbstständiger Architekt und Designer an. Als 26 Jähriger steigt er voller Tatendrang in das Architekturbüro seiner älteren Brüder Livio (1911-1979) und Pier Giacomo (1913-1968) ein, bereit, die Architektur zu revolutionieren und gründlich zu modernisieren. Die ‚Castiglioni Architetti‘ sind geboren.
Von der Architektur zum Industriedesign
Als Livio 1952 das Architekturbüro für eine Tätigkeit beim Radio verlässt, machen Achille und Pier Giacomo ohne ihn weiter. Bauaufträge sind in dieser Nachkriegszeit rar, wenngleich sich die Brüder Castiglioni zusammen mit Luigi Fratino mit ihrem Konzept für den Wiederaufbau des Palazzo della Permanente gegen 16 weitere Entwürfe durchsetzen können. Das 1881 von Luca Beltrami im neuklassizistischen Stil entworfene Gebäude an der Via Filippo Turati wird von den Castiglioni Brüdern um einen Büroturm im Stil des Funktionalismus erweitert und 1953 eingeweiht. Drei Jahre später folgt die Chiesa di San Gabriele Arcangelo in Mater Dei, eine katholische Pfarrkirche und eines der wenigen Architekturprojekte der Castiglioni Architetti. Für die Industrie- und Handelskammer in Mailand entwerfen Achille und Pier Giacomo Castiglioni nicht nur das Gebäude, sondern gestalten gleichzeitig Teile der Inneneinrichtung. So entsteht die Saliscendi Pendelleuchte aus einer Intuition heraus: Ein System von Rollen ermöglicht es, die Leuchte nach oben oder nach unten zu bewegen. Mit der Positionsänderung verändert sich die Lichtintensität – sowohl einerseits auf dem Tisch als andererseits auch in der Umgebung. Die Saliscendi Pendelleuchte wird heute von Stilnovo gebaut und ist bei TAGWERC erhältlich.
Castiglionis Credo
Die Brüder Castiglioni erkennen die Zeichen der Zeit und weichen auf das Entwerfen von Wohnaccessoires und Interieur aus. Ein Zitat Achille Castiglioni beschreibt dabei seine Gestaltungsmaxime: „Weniger ist oft mehr, insbesondere wenn es um Design geht“, und greift den Gedanken „Weniger ist mehr“ von Ludwig Mies van der Rohe, Leiter des Bauhaus in Weimar und Architekt der Klassischen Moderne bzw. für den Modernismus im 20. Jahrhundert. Es entstehen unkonventionelle Sitzhocker wie Sella und Mezzadro (beide 1957), die Alltagsgegenstände – einen Fahrradsattel und einen Traktorensitz – in eine neue und überraschende Formen bringen und ihren Nutzwert für die Allgemeinheit steigern. Dazu Achille Castiglioni mit seinen eigenen Worten: „Design ist nicht nur Ästhetik, es geht auch darum, Probleme zu lösen und das Leben der Menschen zu verbessern.“ Für seine Studien und als Inspiration sammelt Achille Castiglioni zeitlebens ausgefallene Alltagsgegenstände wie besondere Werkzeuge und Spielzeuge, die bis heute erhalten sind. Im ‚Studio Museo Achille Castiglioni‘, dem Museum, das dem Schaffen des Milanesen gewidmet ist und von der Stiftung ‚Fondazione Achille Castiglioni‘ betrieben wird, füllt seine Sammlung ganze Wandschränke.
Dynamisches Sitzen
Design als Mittel, um Probleme zu lösen – Achille Castiglioni ist bekannt dafür, dass er sich in seine Entwürfe hineinversetzt und die Perspektive des Benutzers einnimmt. Der Sella Hocker beispielsweise ist eines der ersten, dynamischen Sitzmöbel, das den Nutzer zu aktivem Sitzen auffordert – lange vor dynamischen Sitzmöbeln wie Swopper, Sitness, Fitnesshocker & Co. Als die Castiglionis ihre Ausstellung ‚Colori e forme nella casa d’oggi‘ (Farben und Formen im Zuhause heute) 1957 in der Villa Olmo in Como am Comer See einrichten, ist es ein einfacher roter Treckersitz, auf ein Gestell montiert, der – quasi als Besucherstuhl – vor einem Schreibtisch platziert wird. Was damals als eine Art Wohnaccessoire bzw. schräges Dekorationsobjekt erscheint und bei den Besuchern auf wenig Verständnis stößt, wird zwanzig später bei Zanotta in Serie gehen und als die ‚Essenz Castiglionis‘ in die Geschichte eingehen.
Ende 1950, Anfang 1960
Die zweifellos kreativste Zeit der Castiglioni Brüder ist angebrochen und es ist gleichzeitig die Zeit, in der einige italienische Interieur Hersteller ihre Wurzeln haben: Martinelli Luce (1950), Zanotta (1954), Flos (1962) – um nur einige zu nennen. Vor allem mit Flos sind Achille und Pier Giacomo Castiglioni eng verbunden, sind ihre von Flos produzierten Designentwürfe doch der treibende Motor, der den Ruf des italienischen Unternehmens für innovatives Leuchtendesign prägen.
Stehleuchte und Pendelleuchte in einem
Mit der Castiglion’schen Bogenleuchte Arco legt Flos im Jahre 1962 einen furiosen Start hin. Die Stehleuchte ist Pendelleuchte zugleich. Ein Hybrid, deren raumgreifender Metallbogen von einem 60 Kilogramm schweren Marmorblock aus den Steinbrüchen von Carrara gehalten wird. Auf dasselbe Jahr sind die Tischleuchte Taccia und die Stehleuchte Toio datiert. Letztere besteht aus einem Autoscheinwerfer, der auf einer Stahlstange thront, sowie die Espressomaschine Pitagora für den renommierten Hersteller von Siebträgermaschinen La Cimbali. Es folgen weitere Leuchtenentwürfe, die von Flos produziert werden: Parenthesi (1970), die Tischleuchte Lampadina, die Tisch- und Wandleuchte Noce (beide 1972), Aoy (1975), Bibip (1976), Frisbi (1978), Gibigiana (1980), Moni und Giovi (beide 1982), Stylos (1984), Traxacum (1988), Brera (1992), Fucsia (1996) und Diabolo (1998).
Mailand – Hochburg des Design
Als Zentrum für Design manifestiert sich zweifelsohne Castiglionis Heimatstadt Mailand, die zweitgrößte Stadt in der Lombardei, in der ‚Salone del Mobile Milano’ stattfindet, die Weltmesse für Interieur Design. Als die ‚Associazione per il Disegno Industriale‘ (ADI), die Vereinigung für Industriedesign, 1956 in Mailand ins Leben gerufen wird, gehört Achille Castiglioni zu den Gründungsmitgliedern. Doch nicht nur dadurch macht sich Gastiglioni rund um das Thema Design verdient. Mit Erhalt der Dozentenerlaubnis für ‚künstlerisches Design für die Industrie’ vom ‚Ministero della Pubblica Istruzione‘, dem Ministerium für öffentliches Bildungswesen, lehrt Castiglioni von 1969 bis 1980 am ‚Politecnico di Torino‘. Danach schließt sich bis 1993 ein Lehrauftrag für Industriedesign, eine Vollzeitprofessur, am Politecnico von Mailand an.
Ehrendoktor für Industriedesign
Achille Castiglioni wird mit einer Vielzahl von Preisen ausgezeichnet, darunter allein neun Compasso d’Oro. Er erhält Ehrenpreise, ist in verschiedenen internationalen Designfakultäten Ehrenmitglied und erhält im Jahre 2001 vom Politecnico di Milano den ‚Ehrendoktor für Industriedesign‘. Allein das Museum of Modern Art (MoMA) in New York ist im Besitz 14 seiner Design Klassiker. Design Museen auf der ganzen Welt zeigen Achille Castiglionis Entwürfe: das Victoria and Albert Museum in London, das Kunstgewerbe Museum in Zurich, das Staatliche Museum für angewandte Kunst in Monaco, das Museo del Design in Prato, Umeleckoprumyslove Museo in Prag, Israel Museum in Jerusalem, The Denver Art Museum in der texanischen Hauptstadt, Vitra Design Museum in Weil am Rhein, das Museum für Angewandte Kunst in Köln und Hamburg.
Zwei Köpfe auf einem Körper
Mitten im Erfolg dann 1968 der Schock: Einer der schwersten Schicksalsschläge für Achille Castiglioni ist sicherlich der frühe Tod seines Bruders Pier Giacomo. Als das Unternehmen Castiglioni Architetti so richtig Fahrt aufnimmt, stirbt Pier Giacomo 1968 mit nur 55 Jahren. „Wie zwei Köpfe auf einem Körper“, beschreibt der ‚Corriere della Sera‘, die auflagenstärkste Tageszeitung Italiens, die Beziehung zwischen den beiden Brüdern – nicht nur in familiärer, sondern vor allem auch in beruflicher Hinsicht. Achille lässt sich nichts anmerken, macht einfach weiter und tut so als wäre Pier Giacomo noch da, säße an seiner Seite wie all die Jahre zuvor.
Karriere als Dozent und Professor
Was viele damals nicht wissen: An diesem Punkt will Achille aufgeben. „Es kam so plötzlich! Und ich wusste nicht, wie ich allein, ohne meinen Widerpart, ohne ihn als Gesprächspartner, meine Arbeit organisieren sollte“, so der Designer. Lange habe er sich damit geholfen, “einfach so zu tun, als sei er noch da“. Doch insgeheim habe er darüber nachgedacht aufzuhören, wie Achille viele Jahre später Preis gibt. Es ist der Punkt im Leben Castiglionis, an dem er eine Karriere als Dozent beginnt und seine Visionen und visionären Gestaltungsansätze in anschaulichen und praxisnahen Vorlesungen an die angehenden Architekten und Industriedesigner weiter gibt. Das Auditorium ist überfüllt wenn Castiglioni – allein mit einem Besenstiel bewaffnet – demonstriert, wie man einen zentnerschweren Marmorblock spielend leicht bewegt. Seine Vorlesungen sind beliebt und wie früher mit Pier Giacomo führt er die Zwiegespräche – wenn auch in anderer Intensität – nun mit seinen Studenten. „Design ist eine kollaborative Anstrengung und es ist wichtig, die Meinungen und Anregungen von anderen einzubeziehen“, so Achille Castiglioni.
Essenza di Gastiglioni
Als der Großmeister des Industriedesigns am 6. Dezember 2002 in Mailand stirbt, kondoliert das Who is Who der Architektur- und Designszene weltweit: Michele De Lucchi, Philippe Starck, Sir Norman Foster, Ross Lovegrove, Ettore Sottsass – um nur einige zu nennen. Seine visionären Entwürfe sind bis heute legendär. Achille Castiglioni Design ist in den führende Designmuseen verewigt – bei TAGWERC gibt es das original Achille Castiglioni Design für das private und berufliche Ambiente und damit die Manifestation von Achille Castiglionis Credo direkt dazu:. „Wir wollten durch Weglassen zum Eigentlichen kommen, zur Essenz.“
Achille Castiglioni Design Klassiker bei TAGWERC
Bei TAGWERC erhalten Sie die Achille Castiglioni Designklassiker Kollektion. Online, im TAGWERC Design STORE, erleben Sie eine kuratierte Auswahl an Achille Castiglioni Design Objekten. Für alle hier nicht gelisteten Achille Castiglioni Objekte unterbreiten wir Ihnen gerne ein individuelles Angebot.
Designs
- 1957
Sitzmöbel ‚Sella‘ für Zanotta - 1957
Sitzmöbel ‚Mezzadro‘ für Zanotta - 1960
Sitzmöbel ‚Lierna‘ für Gavina - 1960
Sessel ‚Sanluca‘ für Gavina - 1962
Leuchte ‚Gatto & Gatto Piccollo‘ für Heisenkeil ( heute Flos ) - 1962
Löffel ‚Sleek‘ für Kraft und Alessi - 1962
Leuchte ‚Toio‘ für Flos - 1962
Leuchte ‚Taccia‘ für Flos - 1962
Leuchte ‚Arco‘ für Flos
Ausstellungen
- 1957
‚Colori e forme nella casa d’oggi‘, Villa Olmo, Como - 1963
‚Vie d’acqua da Milano al mare‘, Palazzo Reale, Mailand - 1965
‚La casa abitata‘, Palazzo Strozzi, Florenz - 1984
‚Achille Castiglioni‘, Museum für Angewandte Kunst, Wien - 1988
‚Le città del mondo e il futuro delle metropoli‘, XVII Triennale, Palazzo dell’arte, Mailand - 1995
‚A la Castiglioni‘, Centre d’Art Santa Mònica, Barcelona
Auszeichnungen
- 1955
UPremio Compasso d’Oro für die Leuchte Luminator - 1960
Premio Compasso d’oro für den Stuhl T12 Palini - 1962
Premio Compasso d’oro für die Espressomaschine Pitagora - 1964
Premio Compasso d’oro für den Bierzapfer Spinamatic - 1967
Premio Compasso d’oro für einen Kopfhörer - 1979
Premio Compasso d’oro für die Leuchte Parentesi - 1979
Premio Compasso d’oro für das Krankenbett Omsa/li> - 1984
Premio Compasso d’oro für das Besteck Dry